Liebherr Werk Biberach GmbH
PTC Creo legt die Grundlagen für eine integrierte Kommunikation zwischen Fertigungsabteilung, Zulieferer und Kunden
Liebherr Tower Cranes ist weltweit einer der größten Hersteller von Turmdrehkranen. Am Hauptsitz im oberschwäbischen Biberach und an zwei weiteren Fertigungsstätten in Spanien und Indien konstruieren und bauen rund 2.000 MitarbeiterInnen die in jedem Sinne „herausragenden“ Wahrzeichen moderner Hebetechnik. Für das Design der neuen, aber auch für die Weiterentwicklung existierender Krantypen, sind effiziente Methoden und ein leistungsfähiges CAD-Programm unumgänglich. Insbesondere für die Anpassung bereits existierender Modelle eignen sich so genannte parametrische Konstruktionsverfahren. „Ein nichtparametrisches System bedeutet tendenziell mehr Aufwand. Dort kommt jede Änderung quasi einer Neukonstruktion gleich“, weiß Sebastian Schell, der als CAD-Methodenentwickler bei Liebherr tätig ist. Und genau solch ein nichtparametrisches System war in Biberach schon sehr viele Jahre exklusiv im Einsatz. „Wir wollten die 3D - Konstruktion auf neue Beine stellen, um auch in diesem Bereich wirklich zukunftsfähig zu sein. Dazu brauchten wir neben neuen Methoden auch eine moderne Konstruktionssoftware“, sagt Peter Gottschling, Head of Enterprise Solutions bei Liebherr Tower Cranes. In puncto Software fiel die Wahl auf „Creo Parametric“ des weltweit bekannten Softwareherstellers PTC. Die vielseitige und flexible 3D-CAD-Anwendung ermöglicht die besonders effiziente und präzise Konstruktion und Weiterentwicklung hochwertiger Produkte. Zudem legt PTC Creo die Grundlagen für eine integrierte Kommunikation zwischen Fertigungsabteilung, Zulieferern und Kunden. Hinzu kam, dass PTC in der Liebherr Group bereits weltweit in den Bereichen CAD und PLM im Einsatz war. Es ging also auch um die Konsolidierung der Organisation auf globaler Ebene.
Implementierung neuer Methoden und Prozesse steht am Anfang
Für die Entwicklung und Implementierung von Methoden und neuer Software wandte sich Peter Gottschling an MAIT. Die Software- und IT-Experten arbeiten schon seit über 20 Jahren mit Liebherr zusammen. Bereits seit 1991 ist MAIT Technologiepartner von PTC und in der Fertigungsbranche quasi „zu Hause“. Also lieferte MAIT für Liebherr einmal mehr schnell den nötigen Proof of Concept. Ein Schwerpunkt des Konzepts war wie gewünscht die Methodenentwicklung. Um die optimalen Arbeitsabläufe zur Entwicklung der Liebherr-Produkte festzuschreiben, sammelte MAIT zunächst die Anforderungen aus verschiedenen Abteilungen und Teams. Wie müssen etwa Schweißbaugruppen organisatorisch und im CAD-System abgebildet werden? Wie können und sollten Abteilungen auch jenseits der Konstruktion zusammenarbeiten? So entstanden optimale Arbeitsabläufe, zumeist in Anlehnung an das so genannte „Concurrent Engineering“ im Top-Down-Design von PTC Creo. Auf diese Weise hat MAIT etwa für den Bereich Stahlbau ein spezielles Modul von Creo verwendet und an die Bedürfnisse von Liebherr angepasst. „Das MAIT-Team hat nicht nur sein umfassendes Software-, IT- und Branchenverständnis unter Beweis gestellt. Auch die Beratung in Sachen Methoden und Prozesse war für uns von unschätzbarem Wert“, sagt Sebastian Schell von Liebherr.
Parallelprinzip und Schulungen für User
Nun, nach Abschluss der Methodenausbildung geht es seit Anfang 2022 um die Anwendung selbst, um den Produktivbetrieb und um dessen kontinuierliche Optimierung. Die Produktivphase mit ersten Konstruktionen lief Mitte 2022 an. Ab Juli desselben Jahres konstruierten die Liebherr-Designer den ersten Krantyp parametrisch mit PTC Creo. Bis auf weiteres laufen altes und neues System parallel. Schritt für Schritt werden alle bestehenden und die neuen Krantypen durch PTC Creo übernommen. Peter Gottschling ist sich darüber bewusst, dass der Wechsel zu PTC Creo ein komplettes Umdenken erfordert. Das gilt vor allem für die vielen erfahrenen Liebherr-Konstrukteure, die ihren Beruf schon seit Jahren oder Jahrzehnten auf nichtparametrischer Basis ausführen. „Neue Software im Unternehmen ist immer eine Herausforderung für die Nutzer. Das gilt umso mehr, wenn sie wie im Falle von PTC Creo gewohnte Arbeitsabläufe durch ganz neue ersetzt“, sagt er. Deshalb erhielten die zukünftigen Key-User Trainings für die neue Anwendung.
Schritt für Schritt sollen im Lauf der nächsten Monate auch alle übrigen Nutzer geschult werden. Um mögliche Bedenken von Anfang an auszuräumen, plant das gemeinsame MAIT-Liebherr-Projektteam außerdem eine so genannte „Hypercare-Phase“. In dieser Zeit sollen die „betroffenen“ Konstrukteure besonders eng betreut, unterstützt und begleitet werden.
Im Visier: Neue Qualitätsmaßstäbe durch PTC Creo
Noch lassen sich die Effekte des neuen Systems nicht genau beziffern. Aber: „Erfahrungsgemäß werden sich die Durchlaufzeiten zur Optimierung vorhandener Konstruktionen dank neuer Arbeitsmethoden und der parametrischen Vorgehensweise verkürzen“, weiß PTC-Experte Thomas Härtig von MAIT, der das Liebherr-Projekt betreut. So wären bei Liebherr statt bisher vier, zukünftig vielleicht sogar sechs Optimierungsschleifen in derselben Zeit und bei geringeren Kosten zu schaffen. Und die Qualität? Die wird ebenfalls zunehmen, weiß Härtig: „Weil nun mehr Iterationen geschafft werden und alle beteiligten Abteilungen besser angebunden und vernetzt sind, werden die Ergebnisse aus der Konstruktionsabteilung in Zukunft präziser und hochwertiger sein als zuvor“. Hinzu kommt, dass die Automatisierung von Konstruktionsaufgaben die Fehlerrate vermindere und Zeit spart. Außerdem ermöglicht die Creo-Software Analysen, Renderings und Animationen. All das bedeutet: beste Voraussetzungen für noch mehr Produktivität in der Konstruktionsabteilung von Liebherr in Biberach.